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Eine Frage der Versicherung

Die Versicherungsbranche steht vor grossen Herausforderungen. Allein die Zunahme der Unwetterkatastrophen lässt die Frage nach bezahlbaren Policen aufkommen. Dennoch sind viele Versicherungsaktien an der Börse attraktiv bewertet.

November 2024 - Das hat man in Spanien so noch nicht gesehen. Normalerweise ist das Land für seine heissen Sommer und milden Herbst und Winter bekannt, nun fielen Ende Oktober in der Region Valencia in kurzer Zeit riesige Regenmengen vom Himmel. So viel, dass sich übliche Rinnsale in reissende Flüsse verwandelten, Kanalisationen überflutet, ganze Strassenzüge weggespült wurden. Am Ende waren unzählige Häuser, Industrieanlagen und Infrastruktur beschädigt oder gar völlig zerstört.
Geht es nach der Einschätzung von Experten, werden sich solche Unwetterkatastrophen in Zukunft häufen, auch in Spanien. Weil das Klima immer wärmer wird, kann die Luft mehr Wasser aus dem Mittelmeer, das sich ebenfalls aufheizt, aufnehmen. Kommen dann noch andere Faktoren hinzu, ist die Katastrophe perfekt.

Wie hoch der aktuelle Versicherungsschaden in Spanien sein wird, ist noch nicht ganz sicher. Der Gesamtschaden wird wohl im höheren Milliardenbereich liegen, sagen Beobachter. Damit kommt auch auf die Versicherungsbranche eine grosse Herausforderung zu. Der Verband der spanischen Versicherungsunternehmen rechnet damit, dass die Assekuranzunternehmen so viel Geld wie nie zuvor an Versicherte auszahlen müssen. Anfang November waren bei den Versicherungen mehr als 116‘000 Anträge auf Schadenserstattung eingegangen.
Auf die Schadenssummen werden die Versicherungskonzerne reagieren müssen, mit steigenden Beiträgen für die Versicherten, daran dürfte wohl kein Weg vorbeiführen, sagen Branchenkenner. Das Wechselspiel aus höheren Schäden und steigenden Beiträgen ist aber nicht unendlich fortsetzbar. Schon jetzt fordern Experten eine Deckelung, damit die Versicherungspolicen auch bezahlbar bleiben. Um die Beiträge in Schach zu halten, werden auch öffentlich finanzierte Beitragsmodelle besprochen. Eine konkrete Lösung ist aber noch nicht in Sicht.

Die Digitalisierung als Chance und Risiko
Die Versicherungsbranche steht auf jeden Fall vor grösseren Umwälzungen. Neben der Verschärfung des Wetters ist das auch die Digitalisierung. Das Digitalzeitalter ist für die Versicherungsbranche eine Herausforderung und eine Chance zugleich. Herausforderung, weil die Konkurrenz schlichtweg zunimmt. Selbst Amazon ist in das Versicherungsgeschäft eingestiegen. Noch tritt der Online-Versandhausgigant nur als Makler auf und bietet Policen von bekannten Versicherungsunternehmen an, doch daraus könnte eines Tages mehr werden, sagen Beobachter.
Chance, weil hochwertige qualitative Angebote durchaus von der Kundschaft geschätzt und gerne auch bezahlt werden. Gebührenpflichtige Zusatzleistungen sind am Versicherungsmarkt ein Trend, das zeigen aktuelle Erhebungen etwa aus Grossbritannien. Dort bieten Versicherungen Hausbesitzern kostenpflichtige digitale Dienstleistungen an, mit denen etwa Wasserschäden vorhergesagt und somit vermieden werden können. Hilfe bei der Vorsorge, bei der Reparatur von Schäden, bei der Wiederbeschaffung und der Katastrophenplanung – die Versicherungskonzerne verlassen damit ihren traditionellen Geschäftsbereich der reinen finanziellen Absicherung.

Versicherungsaktien sind attraktiv
Doch das ist nicht der einzige Grund, warum Versicherungsaktien trotz eines herausfordernden Umfeldes interessant sind. Es ist auch die Bewertung der Papiere, die aufhorchen lässt. Die im STOXX Europe 600 Insurance Index gelisteten Versicherungsunternehmen etwa weisen im Schnitt eine Dividendenrendite von über fünf Prozent auf. Beim Kurs-Gewinn-Verhältnis, dem KGV, das gut für eine Ersteinschätzung taugt und den Gewinn eines Unternehmens in Bezug zu seinem Börsenwert setzt, liegen die meisten Versicherungskonzerne entweder im einstelligen oder nur knapp im zweistelligen Bereich.

Das trifft auch auf die Schweizer Versicherungskonzerne zu. Zurich Insurance etwa kommt aufgrund der Analystenschätzungen für fas kommende Jahr auf ein KGV von 14, was für heimische Verhältnisse eher moderat ist. Zumal, bei Zurich Insurance läuft es mit dem Geschäft sehr gut. Ursprüngliche Pläne für die Geschäftsentwicklung in der Periode 2022 bis 2025 hat man schon heute übertroffen. Ein nun neu aufgestellter Plan sieht ein starkes Wachstum vor allem im Bereich der Industrie und der Lebensversicherungen vor. Zudem sollen die Profitabilität und das Wachstum in den USA gesteigert werden.

Interessant sind ebenfalls Bâloise, Swiss Life und Helvetia. Sie profitieren insbesondere von der wachsenden Nachfrage nach Lebensversicherungen und Sparprodukten. Experten rechnen damit, dass das Geschäft mit Lebensversicherungen in den kommenden Jahren weltweit überdurchschnittlich zulegen wird. Die Prämieneinnahmen könnten um jährlich drei Prozent wachsen, mehr als doppelt so viel wie im bisherigen Zehnjahresschnitt. Insbesondere Swiss Life, die mit einem Marktanteil von 41 Prozent unangefochtener Branchenprimus ist, dürfte sich über die prognostizierte hohe Nachfrage nach Sparprodukten freuen. Weitere Versicherer mit bedeutenden Anteilen im Schweizer Lebengeschäft sind Helvetia und Bâloise.

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